Rezensionen „Das Es reiten“

Literatur outdoors – Worte sind Wege

Blog „Elsternest“ von Michael M. Seehoff: Das Es reiten – Neuer Lyrikband von Jane Wels

„Pathos tropft! – und Jane Wels schwört. Ein Gedicht über das Nicht-Fassbare, über L’INTERDIT, Ranunkeln und die ISBN als Rettung vor der Begrifflichkeit. Fein, witzig, selbstbewusst: „Das Es reiten“ ist ein lyrisches Manifest der Contenance und des poetischen Spiels.“
Michael Gratz, Literaturwissenschaftler, Herausgeber des Blogs „Lyrikzeitung & Poetry News“

 

Katarina Ferner für lyristix

Das Es reiten, Jane Wels, 2025, edition offenes feld
Mit einem Grußwort von José F.A. Oliver und einer Überlegung von Jürgen Brôcan.

Bereits ein Jahr nach dem Erscheinen ihres Debüts „Schwankende Lupinen“ legt Jane Wels ihren nächsten Gedichtband vor. Das einladende Cover von Johanna Hansen, ebenso blumig, der Titel „Das Es reiten“ noch eine Spur geheimnisvoller. Referenzen an die Natur, an Pflanzen, klingende Blumen- und Gräsernamen insbesondere, finden sich auch in diesem Band. Ist er eine Fortschreibung? In jedem Fall ist er eine Einladung oder eine „umarmende Vision“, wie José F.A. Oliver in seinem Grußwort schreibt. Die Gedichte haben etwas Bejahendes, sind getragen von einer allumfassenden Leidenschaft, einer Lebensbejahung. Dieses Überbordende, diese Kraft ist selten. Jane Wels hat sich spät der Poesie verschrieben, aber scheinbar ganzheitlich, soweit es sich aus ihrer Präsenz in den sozialen Medien herauslesen lässt. Das Ich in den Gedichten ist kein homogenes. Es sucht den Dialog mit dem Du, nimmt intensiv wahr, besonders das Schmecken bleibt als reichhaltige Erfahrung im Gedächtnis, auch wenn alle Sinne wiederholt zusammenfließen. Das Lesen vergeht wie im Flug. Manchmal bleibt eine Federberührung oder Lippenrot, oder das Nachforschen einer Widmung, wie jene für „die Schwebefliege“. (vgl. S.83)

Jane Wels legt Inspirationen bildlich und namentlich offen. Ihre Lyrik ermöglicht ein leichtfüßiges Ein- und Austreten. Sie ist nicht kompliziert, aber vollmundig. Sie ist annehmend und aufhebend, verschleiert nicht. „Das Es reiten“ birgt also weniger Geheimnis, als aufgrund des Titels angenommen. Stattdessen ein Mitschwingen mehrerer Sprachen: Deutsch, Französisch, Englisch. Und unerwartete örtliche Verknüpfungen: „gibt es ein Heidelberger Wäldchen in Brasilien“ (vgl. S. 33). Ob man diesen weiten Wegen immer folgen kann – und was einen letztendlich hält, bleibt wie stets, jeder Leser:in selbst überlassen.

„Mit den Augen / trinke ich Rehe, atme Regen, / versinke im Schlamm, / bin Fleisch, nicht Gebein.“ S.82